Anforderungen an die Feuerwehr im Ereignisfall
Bei Hochwasserereignissen sind in der Regel vielfältige, meist dringliche Entscheidungen zu treffen sowie zahlreiche Maßnahmen zu veranlassen und durchzuführen. Ohne vorhergehende Planungen müssen unweigerlich auftretende Fragen wie
- „Was ist zu tun?“
- „Wer tut es?“
- „Wo sind die benötigten Kräfte und wie können sie erreicht werden?“
- „Sind die für den Transport an die Einsatzstelle benötigten Verkehrswege noch befahrbar?“
erst bei der konkreten Konfrontation mit dem Ereignis und damit weitgehend spontan beantwortet werden. Die daraus resultierenden Entscheidungen und Maßnahmen sind in der Regel von Eilbedürftigkeit geprägt und befriedigende Lösungen sind vielfach nicht mehr möglich.
Es kommt also darauf an, bereits im Vorfeld die gefährdeten Bereiche und Einsatzstellen in der Gemeinde zu identifizieren, geeignete Einsatzmaßnahmen zu planen und festzuschreiben und ggf. notwendige Vorbereitungsmaßnahmen zu treffen.
Was ist zu koordinieren?
Die Frage wer bei Hochwassereinsätzen wann und was zu koordinieren hat lässt sich am Besten anhand von Beispielen darstellen.
Beispiel 1:
EIN ODER MEHRERE GEBÄUDE ODER EIN EINZELNER STRAßENZUG SIND VON EINEM HOCHWASSER ODER EINER ÜBERFLUTUNG BETROFFEN.
Sowohl im Land Salzburg, als auch im Land Oberösterreich und im Freistaat Bayern werden derartige Einsätze nach dem jeweils geltenden Salzburger, Oberösterreichischem oder Bayerischen Feuerwehrgesetz abgearbeitet. Demnach obliegt die Einsatzleitung dem jeweiligen Kommandanten des Pflichtbereiches bzw. des jeweiligen Schadensortes. Bei dessen Verhinderung übernehmen die Stellvertreter bzw. nachfolgend ranghöhere Führungsdienstgrade des Abschnittsfeuerwehr-kommando bzw. der Kreisbrandinspektion die Einsatzleitung. Der jeweils zuständige Einsatzleiter kann die Einsatzleitung auch an ranghöhere Führungsdienstgrade übertragen oder diese können die Einsatzleitung auch bei Anwesenheit des originär zuständigen Einsatzleiters übernehmen.
Der Einsatzleiter hat den Einsatz der Feuerwehren und aller Hilfskräfte an der Schadensstelle zu leiten und, wenn notwendig, weitere Feuerwehren und Hilfskräfte anzufordern. Er koordiniert dabei den sicheren Einsatz von Mannschaft und Gerät, setzt Lagemeldungen ab und hält mit allen Beteiligten die Kommunikation aufrecht. Dabei kann sich der Einsatzleiter von weiteren geeigneten Personen z.B. mit einem Führungsfahrzeug unterstützen lassen.
An solchen Einsatzstellen wird der Einsatzleiter beispielsweise persönlich die Vornahme bestimmter Geräte, etwa einer Tauchpumpe zum Auspumpen eines überfluteten Kellers, direkt an die Mannschaft oder die ihm unterstellten Einheitsführer befehlen.
Resümee zu Beispiel 1: Grundsätzlich wird die Koordination also in allen drei Bundesländern ähnlich erfolgen, allerdings gibt es zwischen den drei Feuerwehrgesetzen einzelne interessante Unterschiede deren Aufzählung und genauer Betrachtung jedoch an dieser Stelle den Rahmen sprengen würde.
Beispiel 2:
EIN GESAMTER ORTSTEIL IST BETROFFEN, MENSCHENLEBEN SIND IN GEFAHR
In allen drei Ländern geht die Einsatzleitung bei größeren Ereignissen die noch keine Katastrophe darstellen auf eine höhere Führungsebene über. Während in Salzburg und Oberösterreich hierbei noch die Regelungen des jeweiligen Feuerwehrgesetzes greifen, wird in Bayern bereits das Bayerische Katastrophenschutzgesetz bemüht.
In Salzburg übernimmt gemäß Salzburger Feuerwehrgesetz zunächst der Feuerwehrkommandant des Einsatzortes die Einsatzleitung. Sofern sich das Gebiet über mehrere Gemeinden erstreckt übernimmt der zuständige Abschnittsfeuerwehrkommandant die Einsatzleitung. Dem Einsatzleiter steht stehen hierbei Einsatzleitfahrzeuge mit entsprechendem Führungspersonal bis zur Größe eines Führungsstabes zur Verfügung. Darüber hinaus kann auf Ebene des Bezirkes der erweiterte Bezirks-Führungsstab aktiviert werden.
In Oberösterreich leitet der Pflichtbereichskommandant die Einsätze der Feuerwehren im Pflichtbereich. Bei Ereignissen von überörtlicher Bedeutung ist der zuständige Abschnitts- oder Bezirks-Feuerwehrkommandant berechtigt und verpflichtet, die Einsatzleitung im Sinn einer koordinierenden Führung aller eingesetzten Feuerwehreinheiten zu übernehmen, soweit dies erforderlich ist. Bei einem über die Gemeindegrenze hinausgehenden Ereignis wird Einsatzleiter der Bezirksfeuerwehrkommandant. Der jeweilige Einsatzleiter ist bei Ereignissen von örtlicher Bedeutung ein direkt dem örtlich zuständigen Bürgermeister unterstelltes und ihm verantwortliches Organ der Gemeinde. Bei Ereignissen von überörtlicher Bedeutung ist der jeweilige Einsatzleiter ein der örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde unterstelltes und ihr verantwortliches Organ des Landes.
In Bayern hingegen kann gemäß Bayerischem Katastrophenschutzgesetz bereits bei einem Ereignis mit erhöhtem Koordinierungsbedarf auch schon unterhalb der Katastrophenschwelle ein im Vorhinein bestellter Örtlicher Einsatzleiter (ÖEL) die Einsatzleitung übernehmen. Im obliegt dann die taktisch-operative Führung. Dazu wird er von der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde bestätigt. Die Einsatzleiter der Hilfsorganisationen (mit Ausnahme der Polizei) sind nun dem ÖEL unterstellt, führen aber weiterhin ihre jeweils unterstellten Einheiten. Der ÖEL bedient sich hierbei der Unterstützungsgruppe Örtliche Einsatzleitung (UG-ÖEL). Der Einsatzleiter Feuerwehr wird sich dagegen z.B. durch einen Führungstrupp oder eine Führungsstaffel unterstützen lassen.
Resümee zu Beispiel 2: Demnach ist in allen drei Ländern gleich, dass die Gesamteinsatzleitung jeweils vom originären Einsatzleiter des Pflichtbereiches bzw. des Schadensortes auf eine nächsthöhere Führungsebene verlagert wird. Die originären Einsatzleiter werden weiterhin ihre unterstellten Einheiten führen, allerdings erhalten sie nun Befehle von der übergeordneten Gesamteinsatzleitung mit der auch verstärkt zu kommunizieren sein wird. Beispielsweise erteilt der Gesamteinsatzleiter den Befehl an den unterstellten originären Feuerwehr-Einsatzleiter alle Keller im betroffenen Ortsteil von Wasser und Schlamm zu befreien. Die originären Einsatzleiter erteilen wiederum Einzelbefehle an ihre unterstellten Einheiten. Stellen sie nun fest, dass ihre unterstellten Einheiten dafür nicht ausreichen oder weiteres Gerät erforderlich wird, so fordern sie über den Gesamteinsatzleiter weitere Kräfte oder Geräte an.
Beispiel 3:
GROSSFLÄCHIGE ÜBERFLUTUNG EINES GANZEN ORTES MIT ZAHLREICHEN GEFÄHRDUNGEN
Auch bei einem Hochwassereinsatz mit konkreter oder nahender Feststellung des Vorliegens einer Katastrophe wird in allen drei Ländern ähnlich vorgegangen. Dies ist immer dann der Fall, wenn also in großem Umfang Personen- oder Sachschäden oder Schäden für die Umwelt festzustellen und zu deren Abwehr und Bekämpfung organisierte Maßnahmen erforderlich sind.
In Salzburg wird der Leiter der Bezirksverwaltungsbehörde Einsatzleiter. Neben der Koordinierung der Einsatzmaßnahmen und der Anordnung des Einsatzes des Katastrophenhilfsdienstes, oder bestimmter Teile hiervon, obliegen dem Einsatzleiter die im Katastrophenhilfegesetz bezeichneten besonderen Aufgaben. Einrichtungen des Katastrophenhilfsdienstes sind die Feuerwehren, das Österreichische Rote Kreuz, bei Notwendigkeit auch andere geeignete physische und juristische Personen oder das Bundesheer. Der Einsatzleiter lässt sich durch den Bezirks-Führungsstab beraten.
Alle im Katastrophengebiet eingesetzten Teile der Feuerwehren sind dem örtlich zuständigen Bezirksfeuerwehrkommandanten unterstellt. Dieser ist an die vom Einsatzleiter zur Koordinierung des Katastropheneinsatzes dienenden Weisungen gebunden.
In Oberösterreich ist Katastrophenschutzbehörde zunächst der Bürgermeister bzw. Magistrat wenn eine Katastrophe nicht über das Gebiet einer Gemeinde hinausgeht und der Katastrophenschutz im Rahmen des eigenen Wirkungsbereichs besorgt werden kann, ansonsten wird die Bezirksverwaltungsbehörde zur Katastrophenschutzbehörde. Dieser Katastrophenschutzbehörde obliegt die Leitung der Katastrophenabwehr und –bekämpfung.
Die technische Einsatzleitung obliegt auf Gemeindeebene dem Pflichtbereichskommandanten und auf Bezirksebene dem Bezirksfeuerwehrkommandanten. Diesem technischen Einsatzleiter obliegt die Führung der unterstellten Einsatzkräfte und die technisch-taktische Koordinierung der im Einsatzbereich tätigen sonstigen Einsatzkräfte sowie die Durchführung von Schutz- und Hilfsmaßnahmen wenn die Hauptlast der Einsatzkräfte bei der Feuerwehr liegt.
In Bayern leitet die Kreisverwaltungsbehörde als Katastrophenschutzbehörde mit der Führungsgruppe Katastrophenschutz (FüGK) den Katastropheneinsatz und stellt dabei sicher, dass alle Maßnahmen aufeinander abgestimmt sind. Der Örtliche Einsatzleiter (ÖEL), welcher von der FüGK bestätigt wird, soll im Auftrag und nach Weisung der Katastrophenschutzbehörde alle vor Ort erforderlichen Maßnahmen leiten und aufeinander abstimmen. Er ist quasi der verlängerte Arm der Katastrophenschutzbehörde und wird mit einem akzeptablen Ermessenspielraum hinsichtlich der konkreten Umsetzung seines Auftrags ausgestattet. Dieser ÖEL kann allen eingesetzten Kräften Weisungen erteilen.
Die Einsatzleiter der Hilfsorganisationen sowie der Polizei, die nun dem ÖEL unterstellt sind, führen aber weiterhin ihre jeweils unterstellten Einheiten. Der ÖEL bedient sich hierbei der Unterstützungsgruppe Örtliche Einsatzleitung (UG-ÖEL). Der Einsatzleiter Feuerwehr wird sich z.B. durch eine Führungsstaffel oder eine Führungsgruppe unterstützen lassen.
Resümee zu Beispiel 3: Die Gesamteinsatzleitung obliegt also in allen drei Ländern den politischadministrativen Handlungsträgern, meist auf Ebene der Bezirks- bzw. Kreisverwaltungsbehörde, jedoch in Oberösterreich auch schon auf Ebene der Bürgermeister und Magistrate.
Deutliche Unterschiede zeigen sich bei der operativ-taktischen Einsatzleitung welche im Land Salzburg jedem einzelnen Einsatzleiter der Einrichtungen des Katastrophenhilfsdienstes obliegt. Die übergeordnete Koordinierung erfolgt durch den Einsatzleiter, also dem Leiter der Bezirksverwaltungsbehörde. Dagegen hat
in Oberösterreich zunächst immer der Pflichtbereichs- bzw. Bezirksfeuerwehrkommandant die technische Einsatzleitung aller im Einsatzbereich tätigen Einsatzkräfte wahrzunehmen sofern öffentliche Feuerwehren in die Katastrophenabwehr und -bekämpfung eingebunden sind. Ansonsten jene Hilfsorganisation des Katastrophenschutzes welche die Hauptlast des Katastropheneinsatzes trägt. In Bayern hingegen übernimmt dies der ÖEL der eine ganz eigene und vor allem der Feuerwehr- und Sanitätseinsatzleitung und im Katastrophenfall auch den Polizeikräften vor Ort übergeordnete Rolle wahrnimmt.